Nevzat Akpinar: Johann Dede (2003),
ein Bach-Choral als anatolische Volksmusik.
"Johann Dede" ist eine Komposition, in der Bachchoral und anatolische Melodien eine gemeinsame "christlich-alevitische" Klangwelt entstehen lassen.
Der Komponist vertritt die Meinung, dass ein gleichberechtigter interkultureller Dialog nicht bedeuten kann, dass sich immer nur eine Kultur auf die andere zubewegt, wie in den zahlreichen Bearbeitungen anatolischer Volksmusik für europäische Harmonik und Instrumente, die seit 80 Jahren in der Türkei komponiert werden.
In "Johann Dede" wird aus dem Choral "Ach wie flüchtig, ach wie nichtig" von J. S. Bach (auf den sich der Titel bezieht; dede ist der Titel eines alevitischen Geistlichen) ein "alevitisches" Lied.
Dabei verändern sich nicht nur Rhythmen und Melodien, es kommen außerdem Mikrointervalle und anatolische Verzierungen hinzu.
Folgende Musikformen werden u.a. verwendet:
- vierstimmige Bearbeitung einer Melodie aus einem alevitischen Lied
- Fugenartige Behandlung eines aus dieser Melodie hergeleiteten Themas
- Verwendung einer japanischen Skala (Orgel und erste Baglama-Improvisation)
- Bach-Zitate
[Nevzat Akpinar]
Nevzat Akpinar
wurde in Berlin als Kind von Emigranten geboren.
Er studierte vergleichende Musikwissenschaften und lebt in Berlin. Er ist als Baglamaspieler und Komponist sowie als Dozent für Baglama freischaffend tätig.
Nach eigenen Aussagen wäre eine Komposition wie "Johann Dede" unter anderen Lebensumständen (Leben in der Türkei) sicherlich nicht entstanden. Dort hätte er wohl eher "europäisierte" Bearbeitungen anatolischer Volksmusik komponiert.
Nennide nenni dost nenni nenni yar nenni dost nenni.
[nenni = bedeutungsloses Füllwort aus Kinderschlafliedern; Dede = Titel eines alevitischen Geistlichen; dost = Freund (Genosse auf dem Weg des Glaubens)]
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Leben. Wie ein Nebel bald entstehet und auch wieder bald vergehet, so ist unser Leben, sehet.
Ach wie nichtig, ach wie flüchtig sind der Menschen Sachen. Alles, alles, was wir sehen, das muss fallen und vergehen. Wer Gott fürcht& 8216;, wird ewig stehen.