Der Ölberg-Chor wird in der zweiten Jahreshälfte 2023 nach längerer Zeit endlich wieder ein Konzert mit groß besetzter, sinfonischer Musik singen.
Am 24. und 25. November wird der Ölberg-Chor in der Emmaus-Kirche zwei besondere, in Deutschland selten gespielte Werke der geistlichen, chorsinfonischen Musik aufführen, beide mit herausragenden Solisten und großem Orchester besetzt und waren in dieser Kombination zusammen unseres Wissens bisher nie zu hören.
Beide Werke wurden von den Komponisten kurz vor Ende ihres Lebens geschrieben, beide lösten sich kompositorisch bewusst von der Tradition.
Poulenc schloss sich nach dem Ersten Weltkrieg einer Gruppe junger Komponisten um Erik Satie und den Schriftsteller Jean Cocteau an, genannt Les Six, deren Mitglieder den Impressionismus zugunsten einer größeren Einfachheit und Klarheit ablehnten. Einiges vom Stil der Six fand Eingang in Poulencs eigene musikalische Arbeit. Er übernahm Techniken der Dadaisten und ließ sich von populären Melodien beeinflussen. Eine charmante Vulgarität erschien ihm wichtiger als das vorgeblich tiefe Gefühl der Romantik. Janácek betone in einem Artikel zur Messe seine Distanz zu den Stilmitteln der westeuropäischen Kirchen- und Kunstmusik: „Ohne die Düsternis mittelalterlicher Klosterverliese, ohne jeden Widerhall gleicher Imitationsgleise, ohne jeden Widerhall fugierter Bachscher Tonverbindungen, ohne jeden Widerhall von Beethovens Pathos, ohne Haydns Verspieltheit.“
Das Konzert beginnt mit der Mša glagolskaja, eine mitreißende Fanfare, wie Janácek sie offensichtlich geliebt hat, eröffnet den Abend und entführt gleich in eine exotische, osteuropäische Klangwelt. Die weiteren fünf vokalen Sätze vertonen den Messtext in altem Kirchenslawisch, einer Sprache, die auch der Komponist damals nicht beherrschte. Er ließ den Text aus dem Kyrillischen in eine tschechische Schreibweise transkibieren und arbeitete sich – wie in allen seinen Werken intensiv in die Sprachmelodie ein.
Janácek war ein Anhänger des Panslawismus; seine Glagolitische Messe wurde daher auch als Wiederbelebung uralter slawischer Kultur in modernem Gewande gesehen.
Das Werk endet – für uns überraschend – mit einer „Intrada“, einer Fanfare, die zurück in die Welt führen soll.
Im zweiten Teil des Konzerts übernimmt dann die modern-klare Tonsprache Poulencs, am Anfang ebenfalls mit fanfarenartigen Tönen.
Poulenc schrieb zu Beginn der Kompositionsphase, nachdem in den Jahren zuvor viele seiner Freunde (u.a. Jacques Thibaud, Paul Eluard, Arthur Honegger) und auch sein Partner Julien Roubert verstorben waren „Jetzt ist es genug, Friede!.... Friede!"
Der kecke zweite Satz des Werkes löste anfangs einen kleinen Skandal aus, worauf Poulenc antwortete: „Ich habe einfach, als ich das Laudamus komponierte, an jene Fresken von Gozzoli gedacht, auf denen die Engel die Zunge herausstrecken, und auch an jene ernsten Benediktinermönche, die ich eines Tages beim Fußballspiel gesehen habe.“